11 Monate als Entwicklungshelfer in Simbabwe

Johannes Blank war in Simbabwe, wo er im Rahmen seines Anerkennungsjahres zum Arbeitserzieher Jugendliche aus schwierigen sozialen Verhältnissen zu Schreinern ausbildet. Hier berichtet er von seinen Erlebnissen und Erfahrungen, die er in Simbabwe gesammelt hat:

In den Medien wird immer wieder über Armut, Hunger und Krankheit in der dritten Welt berichtet. Freunde und Bekannte von mir, die schon in solchen Ländern waren erzählen auch begeistert von der Einfachheit und Zufriedenheit der Menschen dort. In Deutschland kann man ein komfortables Leben leben. Wir sind sozial abgesichert, Schulbildung, Elektrizität, Internet und fließend Wasser sind für jeden selbstverständlich. Schon vor vielen Jahren kam mir die Idee, selbst in ein Entwicklungsland zu reisen um dort zu leben und um mich für die Menschen dort einzubringen.

Nun hielt ich den Zeitpunkt für geeignet. Ich hatte eine Schreinerausbildung, Berufserfahrung und eine pädagogische Ausbildung in der Tasche. Privat war ich ungebunden. Zufällig war ich auf einer Ausstellung in Ravensburg mit dem Thema „Leben in der dritten Welt“. Dort entdeckte ich eine Anzeige des Ekuthuleni-Vereins: „Unterstützen Sie junge Schreiner in Simbabwe“. Das interessierte mich und so fragte ich, ob ich für eine Zeit im Projekt mitarbeiten darf. Die Antwort war ein schnelles „Ja, gerne“. Trotzdem musste noch viel Organisatorisches geklärt, viele Fragen beantwortet werden. Helga, die Projektleiterin ist sowohl in Deutschland als auch in Simbabwe zu Hause. Deswegen konnten wir uns schon in Deutschland kennenlernen. Es war schön, dass Helga bei meinen Eltern zu Hause zu Besuch war, so dass diese sich auch persönlich kennen lernen konnten und ein tieferes gegenseitiges Verständnis entstand.

Endlich war es soweit. Am 25. September 2010 ging die Reise los. In Bulawayo am Flughafen wurde ich von den beiden Ausbildern John und Mishack und von den 8 Lehrlingen mit einem großen Banner „Welcome Johannes“ sehr freundlich empfangen.
Ich lebte mich in Ekuthuleni ein, wir rauften uns als Gruppe zusammen. Die 8 Jungs sind zwischen 18 und 23 Jahren alt. 6 der 8 haben keine Eltern mehr. Einer hat noch seine Mutter. Nur die Hälfte davon hat einen Schulabschluss. Jeder hat sich für eine 2-jährige Berufsausbildung zum Schreiner entschieden. John, Mishack und ich hatten die Aufgabe, den Jungs so viel wie möglich für Ihre Zukunft mitzugeben. Gleichzeitig waren wir eine christliche Komune. Wir lebten im selben Haus und gingen sonntags in denselben Gottesdienst.

Die Wochentage begannen mit Gartenarbeit, Brennholz sammeln, Haus und Hof putzen morgens um 6.30 Uhr. Um 8 Uhr hatten wir täglich eine Morgenandacht und wir frühstückten „Porridge“. Das ist ein süßer Maisbrei. Danach begann die Arbeit in der Werkstatt oder im Klassenzimmer. Auf dem Lehrplan steht das Erlernen von klassischen Handwerkstechniken wie Hobeln von Hand oder die Schwalbenschwanzverbindung. Außerdem Arbeiten mit Maschinen, Oberflächenbehandlung, Konstruktion von Türen, Dächern und Zimmerdecken… Vieles ist sehr ähnlich wie in Deutschland. An manchen Stellen lernte ich auch, wie man sich mit sehr einfachen Mitteln, ohne Apparate und Vorrichtungen aushelfen kann. Zum Beispiel gibt es in Ekuthuleni keine elektrische Furnierpresse. Stattdessen werden Steine, Wasserfässer, und große Maissäcke als Gewichte benutzt. Zum Trocknen von frisch lackierten Teilen gibt es in Deutschland oft Halterungen. In Ekuthuleni werden die Gegenstände einfach ins Gras gelegt.
Auch andere Dinge des täglichen Lebens waren neu für mich. Wir kochten täglich auf dem Feuer. Wir aßen jeden Tag „Sadza“. Das ist ein herzhafter Maisbrei, der mit Fisch, Fleisch oder Gemüse verzehrt wird. Ich lernte, meine Wäsche von Hand im Wassereimer zu waschen.

Der Sonntagsgottesdienst dauerte rund 3 Stunden. Dank des schwungvollen Chores war die Zeit gut auszuhalten. Die Muttersprache der Menschen in dieser Region ist „Ndebele“. Deswegen wurde der Gottesdienst in Ndebele abgehalten, wovon ich anfangs gar nichts verstand. Gut, dass mir immer jemand die Predigt ins Englische übersetzte.

Eine Besonderheit im Leben in Ekuthuleni sind die Besuche der Familien jedes einzelnen Lehrlings in ihren Heimatdörfern. Die ganze Gruppe ist mit dabei. Das schafft eine angenehme Atmosphäre in der Gruppe und es entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen der Familie des Lehrlings und uns Ausbildern. Ich möchte diese Idee in meinem Beruf in Deutschland fortsetzen. Für mich als Deutscher war es beeindruckend, bedrückend und ein sehr großes Geschenk zugleich, die Heimat und die Familie der Lehrlinge kennenzulernen. Alle 8 sind in einfachen Lehmhütten ohne Elektrizität und fließend Wasser aufgewachsen. Alle Familien haben sich sehr über unsere Besuche gefreut.

Ekuthuleni existiert seit 20 Jahren. Es gibt einen Ordner mit Fotos, Berichten und Zeitungsartikeln, der die ganze Entstehungsgeschichte, den Bau der einzelnen Gebäude, den Alltag, den Einsatz von vielen Leuten und auch viele Spendensammelaktionen aus Deutschland sehr eindrucksvoll wiedergibt.
Ich kam immer mehr ins Leben in Ekuthuleni hinein. Ich konnte mich mehr und mehr in die Arbeit einbringen und die Fähigkeiten der Lehrlinge einschätzen. Da nun in Ekuthuleni schon die 10. Lehrlingsgeneration lebt, ist die Ausbildung durchdacht und strukturiert. Es gibt wöchentliche Mitarbeiterbesprechungen, einen Lehrplan für die ganze Ausbildung, Trimesterpläne, schriftliche Prüfungen, Befindlichkeitsrunden für die Lehrlingen und die Familie jedes Lehrlings bekommt regelmäßig einen Bericht über den aktuellen Stand ihres Jungen. Ich war sehr froh an meinen Kollegen John, Mishack, Lyton und Helga, die mir bei meiner Arbeit in vielen Dingen mit Rat und Tat zur Seite standen.

Einige Höhepunkte des Jahres waren auch ein Schwimmbadbesuch, der Besuch einer Fitnesstrainingsstunde, Besichtigung der Feuerwehr und des Nationalmuseums in Bulawayo, das Feiern aller Geburtstage der Lehrlinge, die vielen Kirchen-Jugend-Wochenenden und der Besuch der „Great Simbabwe Ruinen“.
In Ekuthuleni sind Gäste jederzeit willkommen. Alle hatten viel Freude, als Helgas Schwester Inge oder die Mathematiklehrerin Beate jeweils für einige Wochen zu Besuch waren. Sie nahmen sich Zeit um mit jedem zu reden, brachten sich in den Alltag ein und feierten schöne Feste mit uns.
Für mich persönlich und für viele andere Menschen in Ekuthuleni war die gemeinsame Zeit ein Geschenk Gottes. Das feierten wir auch jeden Sonntag im Gottesdienst. Die Kirche selbst war aber ein sehr einfaches Gebäude. Das Dach war undicht und nicht mehr stabil, die Wände waren mausgrau, eine Deckenverkleidung gab es auch nicht.
Mein Vater erklärte sich zu einer großzügigen Spende bereit und ich selbst hatte etwas Geld übrig, so dass wir einen Umbau finanzieren konnten. Es gab genügend erfahrene Handwerker in Ekuthuleni, die wissen, wie der Umbau abzulaufen hatte. Wir waren auch viele tatkräftige Hände. Wir reparierten und stabilisierten das Dach und bauten eine neue Decke ein. Die Wände der Kirche wurden gestrichen. Zwischendurch haben sich Fehler in den Bau eingeschlichen, die Motivation ließ nach. Doch als die Kirche strahlend weiß und fertig war, war dies alles wieder vergessen.

Wer sich als Deutscher in Simbabwe aufhalten will, braucht ein Visum. Die politische Situation in Simbabwe ist nach wie vor nicht einfach, so dass die Behörden misstrauisch sind, wenn Weiße sich im Land aufhalten wollen. Leider wurde mein Visum nach 11 Monaten nicht mehr verlängert. Ich wäre gerne länger dort geblieben. Mein Abschied war für alle traurig.
Die Zeit in Ekuthuleni hat sich sehr für mich und auch für die Menschen dort gelohnt. Ich habe viel gesehen und viel gelernt, was in Deutschland nicht möglich gewesen wäre. Die Lehrlinge und auch die Ekuthuleni-Mitarbeiter konnten Verschiedenes von mir mitnehmen.
Besonders beeindruckend finde ich die Einfachheit mit der es dort zugeht. Die Freundlichkeit der Menschen hat mich geprägt. Ich bin gelassener geworden, brauche nicht jeder Mode in Deutschland nachlaufen und kann Dinge oder Fähigkeiten, die ich habe, mit anderen Menschen teilen. Bestimmt werde ich wieder nach Simbabwe reisen und mit den Menschen dort am Lagerfeuer sitzen, Sadza essen oder in den Gottesdienst gehen.

Abschließend möchte ich mich noch beim Ekuthuleni-Verein in Deutschland und bei allen Mitarbeitern von Ekuthuleni in Simbabwe bedanken. Ein ganz besonderer Dank gilt Helga, die mir in vielen Dingen durch die ganze Zeit geholfen hat und ohne die mein Aufenthalt in Simbabwe nicht möglich gewesen wäre. Sie spielt im Leben von vielen Menschen eine wichtige Rolle.

                                                         


Unterstützt wurde Johannes Aufenthalt von der Johannes-Ziegler-Stiftung:

Wer noch mehr über die Zeit in Simbabwe erfahren möchte, findet dort auch die Monatsberichte von Johannes:
http://www.johannes-ziegler-stiftung.de/index.php?article_id=15 


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